Nachgefragt: Flüchtlingsberatung

Flüchtlingsberatung in der Schule

Über eine Stunde löcherten die Schülerinnen und Schüler der 8b der Gesamtschule Xanten Heike Pullich-Stöffken. Seit 17 Jahren begleitet sie Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Was erst als Ehrenamt und später mit kleinem Stundenumfang begann, wird nun mit drei Vollzeitkräften der Diakonie in Xanten geleistet.

Das Gespräch im Gesellschaftskundeunterricht hatte Lehrer Karim Rahman initiiert und filmisch aufgenommen. Die Klasse nimmt an einem Wettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung teil. Das Gespräch ist eine Aufgabe des abzugebenden Gesamtbeitrags zum Thema „Junge Flüchtlinge bei uns“.

Die Schülerinnen und Schüler interessierte der Umgang, den die Flüchtlingsberaterin mit den Menschen aus allen Ländern hat: „Wenn ich langsam Deutsch oder Englisch spreche, verstehen mich die Menschen meistens“, so Pullich-Stöffken. Ansonsten gehe einiges auch mit Händen und Füßen. Deutlich machte sie das Verhältnis, in dem sie und die beiden anderen Beraterinnen zu den derzeit 380 Flüchtlingen stehen, darunter viele junge Menschen. „Wir sind nicht für die Zuweisung oder Abschiebung zuständig, sondern helfen den ankommenden Menschen, sich hier zurechtzufinden. Bei Ärzten, Ämtern und in der Unterkunft“. „Und das geht nicht immer ohne Streit“, sagte sie ehrlich auf die Frage eines Schülers. „Es gibt unter Flüchtlingen genauso Aggressivität wie unter Deutschen.“ Erschwerend käme bei den Migranten hinzu, dass sie auf kleinem Raum mit vielen Menschen unterschiedlicher Nationen leben müssten. Sie sprechen unterschiedliche Sprachen und dürfen sich je nach Aufenthaltsstatus keine Arbeit suchen. „Stellt euch vor, du würdest Französisch, du Englisch und du Arabisch sprechen und ihr müsstet untereinander einen Streit klären“, lud Pullich-Stöffken ein. Sie erinnerte daran, dass es nach den Vorfällen in Köln eine Demo der Flüchtlinge in Xanten vor dem Rathaus gegeben habe, die diese Vorfälle verurteilten. In Xanten begegnet Pullich-Stöffken viel Dankbarkeit für Ihre Arbeit. „Mit einigen stehe ich auch nach der Abschiebung weiter in Kontakt.“
Nach ihren persönlichen Beweggründen gefragt, antwortete die gelernte Erzieherin: „Ich arbeite gerne mit Flüchtlingen. Natürlich nimmt man auch Geschichten mit nach Hause. Insbesondere wenn Kinder betroffen sind.“ Die Flüchtlingsberaterin hat auch nach dem Dienst ihr Handy in Rufbereitschaft: So kurios es klingt: „Wenn ich erreichbar bin, beruhigt mich das.“

Dankbar ist die Flüchtlingsberaterin für die vielen Ehrenamtlichen, die beispielsweise als Sprachpaten helfen oder auch Menschen, die Flüchtlinge zum Arzt begleiten. Flüchtlinge haben Probleme, die die meisten Deutschen nicht plagen würden: Sie kommen traumatisiert, teilweise ohne Familienanhang und ohne Krankenversicherung nach Deutschland. Das bedeutet, nur Leib und Leben werden geschützt. „Bei anderen Operationen prüft ein Amtsarzt die Notwendigkeit“, erzählte Pullich-Stöffken den erstaunten Schülern. „Einige hier in Deutschland gönnen den Flüchtlingen noch nicht einmal ein Smartphone“, kritisierte die Flüchtlingsberaterin und stellte die Frage: „Was würdet ihr einpacken, wenn euch 20 Minuten bis zur Abschiebung gegeben werden?“

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