Ein Vormittag in der Flüchtlingsberatung
Xanten. Das Diakonie-Büro an der Poststraße 6 in Xanten gleicht häufig einem Bienenkorb. Flüchtlingsberaterin Heike Pullich-Stöffken teilt sich die Räumlichkeiten mit Sigrid Messerschmidt-Sprenger, die für die Sozialberatung zuständig ist. Beide empfangen ratsuchende Menschen. Pullich-Stöffken kümmert sich um die Alltagssorgen vieler Flüchtlinge. Vor allem erklärt sie ihnen Post von Behörden, Ämtern, Versicherungen, Krankenkassen und Ärzten und hilft, diese adäquat zu beantworten. In 23 Jahren Flüchtlingsarbeit hat sich Pullich-Stöffken ein gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut. Zu den Ratsuchenden am Vormittag gehört eine junge Somalierin. Die 27-Jährige ist mit Unterbrechung bereits seit 2018 in Xanten. Im Kinderwagen hat sie ihr Baby dabei, das nach dem Fläschchen verlangt – hektischer Alltag im Beratungsbüro.
„Die Wohnungssuche nimmt viel Zeit in Anspruch, es sind fast keine bezahlbaren Wohnungen vorhanden“, sagt Pullich-Stöffken. Auch wenn viele Flüchtlinge aus den beengten Unterkünften ziehen dürften, es sind keine Wohnungen da. „Dann ist es wichtig, dass das Jobcenter die Genehmigung einer Wohnung zügig erteilt, damit Vermieter sie nicht anderweitig vergeben“, ist die Erfahrung der Flüchtlingsberaterin. Und die Betroffenen selbst? Sie haben eine so genannte „Wohnsitzauflage“ für drei Jahre und dürfen daher nur in Xanten suchen.
Die Somalierin kam 2021 wieder nach Xanten und war obdachlos. „Da haben wir gut und unkompliziert mit dem Ordnungsamt der Stadt Xanten zusammenarbeiten können, es wurde schnell eine Notunterkunft in einem Hotel gefunden“, erzählt Pullich-Stöffken. Später konnte sie, in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt und der Ev. Kirchengemeinde Xanten-Mörmter, eine Übergangswohnung in Xanten vermitteln. Der Ökumenische Arbeitskreis Asyl finanzierte einen neuen Teppich für die Wohnung. Gerade noch rechtzeitig, vor der Entbindung des zweiten Kindes im Dezember vergangenen Jahres, wurde für die 27-jährige Mutter dann endlich eine Wohnung auf Dauer gefunden. Bis diese gefunden wurde, hatte die junge Mutter ihre Postadresse bei der Diakonie. Denn eine Postadresse ist wichtig, damit Jobcenter, Kindergeldkassen, Ausländerbehörden und andere Ämter Post zusenden können. „Nur mit einer Postadresse ist es überhaupt möglich, Anträge beim Jobcenter und anderen Behörden zu stellen“, weiß die Flüchtlingsberaterin.
Beim Ausfüllen der Anträge werden die Flüchtlinge dann wieder von Heike Pullich-Stöffken unterstützt. Heute hat die junge Frau eine Rechnung für einen Krankenhausaufenthalt dabei. Die Krankenkasse hat noch eine Nachforderung, die sie nicht versteht. Pullich-Stöffken ruft direkt dort an und kann den Sachverhalt klären. Was sind die nächsten Ziele der Somalierin? Die 27-Jährige will weiter Deutsch lernen und wenn es die Kinder zulassen, arbeiten gehen.
Pullich-Stöffken ist das Hin und Her zwischen den Ämtern gewohnt: „Das Jobcenter stellt zum Beispiel Leistungen ein, wenn der Aufenthaltstitel eines Flüchtlings abgelaufen ist.“ Für die Verlängerung der Aufenthaltstitel sei wiederum das Ausländeramt zuständig. „Die Menschen stehen dann oft in meinem Büro und fragen, warum sie kein Geld bekommen“, so Pullich-Stöffken.
Die Liste der Anträge, die Flüchtlinge mit Hilfe der Flüchtlingsberatung einreichen, ist lang: Weiterbewilligungen beim Jobcenter, Kindergeldanträge, Elterngeldanträge, Wohngeldanträge. Oft kommen die Flüchtlinge mit Antworten vom Jobcenter und anderen Behörden, die sie nicht verstehen. Meist geht es um die Mitwirkungspflicht und es müssen Lohnabrechnungen, Arbeitsverträge, Schulbescheinigungen nachgereicht werden. Nach Geburten brauchen sie Unterstützung bei Anträgen zum Kindergeld und Elterngeld, für die Krankenkasse und bei der Anmeldung auf dem Standesamt. Pullich-Stöffken behält den Überblick für Menschen, die oft die Welt nicht mehr verstehen.