„Endlich ein Zuhause“ arbeitet präventiv
Geldern. Eine freie, erschwingliche Wohnung zu finden – das ist derzeit generell nicht leicht. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist angespannt, das stellt auch die Mitarbeiterinnen der Wohnungsnotfallhilfe „Endlich ein Zuhause“ der Diakonie im Kirchenkreis Kleve, Jutta Seven, Heike Pullich-Stöffken und Lia Wolfers, vor große Herausforderungen. Sie berichten: „Wir helfen Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten in Fällen von Mietschwierigkeiten, bei Kündigungen und Räumungsklagen und unterstützen bei der Wohnungssuche.“ Die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ wird finanziell durch Mittel der Europäischen Union, des Landes NRW und des Kreises Kleve unterstützt. Nach mehr als einem Jahr ist deutlich: Bedarf und Nachfrage sind groß.
Vor allem präventive Arbeit sei erfolgsversprechend: „Je früher die Menschen sich an uns wenden, desto leichter ist es, eine Lösung herbeizuführen.“ Viele täten dies auch, denn die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist mehr als angespannt. Der frühe Kontakt erleichtere die Arbeit auch dahingehend, dass sich Mieter-Vermieter-Streitigkeiten gar nicht erst verfestigen.
Im ersten Jahr des Projekts wurden bereits mehr als 100 Fälle bearbeitet, in fast 40 Fällen konnte die Wohnungslosigkeit vermieden werden. Melden können sich alle Menschen, die von Wohnungsverlust betroffen sind, das Einkommen spielt dabei keine Rolle. Einige Fälle sind noch nicht abgeschlossen. Die Verfahren sind langwierig und aufgrund der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt braucht die Wohnungssuche viel Zeit.
Die Arbeit der Mitarbeiterinnen im Projekt endet nicht mit der Klärung von Mietrückständen oder mit einer alternativen Wohnungsanmietung. Sie bleiben Ansprechpartnerinnen im Hintergrund und unterstützen weiterhin. Sollten bei den Mieterinnen und Mietern zum Beispiel andere Hilfebedarfe augenscheinlich sein, sorgen die Mitarbeiterinnen für die Weitervermittlung. „Eine gute Zusammenarbeit mit anderen Partnern vor Ort ist Voraussetzung für langfristige Arbeit in der Wohnungsnotfallhilfe“, sagen die Beraterinnen. Gerade die weitere Begleitung ist Vermietern wichtig. Nicht nur Mieter, sondern auch Vermieter können die Hilfe der Wohnungsnotfallhilfe direkt in Anspruch nehmen.
Die Kooperation zu kommunalen sowie kreisweiten Behörden und zu den Wohnungsbaugesellschaften soll ausgebaut werden. Ebenso wird auf private Vermieter gehofft, dass sie Wohnraum zur Verfügung stellen. „Unsere Aufgabe ist es, eventuelle Vorbehalte, das Mietverhältnis anzugehen, abzubauen.“
Statistiken weisen aus, dass der Verbleib in einer zur vorübergehenden Unterbringung gedachten Notunterkunft in der Regel zwei Jahre beträgt. „Wir in der Wohnungsnotfallhilfe wollen verhindern, dass Menschen als Übergang gedachte Unterkünfte ihr Zuhause nennen müssen.“ Die Diakonie im Kirchenkreis Kleve hat bereits 30 kleine Wohnungen im Kreisgebiet angemietet, um Menschen in besonderen Lebenslagen eine Übergangslösung anbieten zu können – auch wenn es der Tropfen auf dem heißen Stein ist.
Kontakt Wohnungsnotfallhilfe im Südkreis:
Jutta Seven, Telefon: 02831 91 30-811, seven@diakonie-kkkleve.de
So kann es gehen:
Fallbeispiel 1
Frau M., gerade 18 Jahre alt, wohnt mit ihrer Mutter (Alkoholikerin) und Vater (Alkoholiker, gewalttätig), Schwester (hat 2 kleine Kinder) und Bruder (arbeitslos, Alkoholiker) in einer Wohnung.
Frau M. ist durch ihr häusliches Umfeld psychisch erkrankt. Sie arbeitet in einer geförderten Maßnahme, wo sie sich sehr wohl fühlt und gefördert wird. Für ihre weitere Entwicklung ist es für Frau M. wichtig, dass sie eine eigene Wohnung bezieht, um sich weiter zu entwickeln. Dies sieht das Jugendamt auch so.
Nachdem dann durch die Diakonie-Mitarbeiterin eine geeignete Wohnung gefunden wurde, nahm diese Gespräche mit der Vermieterin auf. Sie war erst ein wenig skeptisch, so einem jungen Mädchen eine Wohnung zu vermieten, erklärte sich dann aber doch bereit, Frau M. zumindest einmal einen Vorstellungstermin zu geben.
Der Arbeitgeber von Frau M. hat sie dann zum Vorstellungstermin und zur Wohnungsbesichtigung begleitet. Die Vermieterin setzte eine 3-Tagesfrist, um die Kostenübernahme durch das Jobcenter zu belegen.
Die Diakonie-Mitarbeiterin nahm Kontakt zum örtlichen Jobcenter auf und schilderte die Situation. Mit Frau M. wurde ein Antrag auf Bürgergeld ausgefüllt, der Arbeitgeber unterstützte bei einer Kontoeröffnung und die Diakonie holte die erforderlichen Unterlagen beim Jugendamt ein. Aufgrund der sehr guten Unterstützung durch den Arbeitgeber und dem schnellen und unkomplizierten Einsatz des Jobcenters konnte nach 3 Tagen der Mietvertrag von Frau M. unterschrieben werden. Die Diakonie-Mitarbeiterin nahm noch Kontakt zu ihren Kollegen vom Betreuten Wohnen auf, so dass für Frau M. ein gutes Netzwerk entstanden ist, in dem sie sich mit guten Perspektiven weiterentwickeln kann.
Fallbeispiel 2
Herr B. ist ein alleinstehender Mann im Rentenalter, selbstständiger Elektromechaniker. Ihm ist das Einkommen in Corona-Jahren komplett weggebrochen, alles Ersparte aufgebraucht. Die Vermutung ist eine beginnende Demenz, Überforderung mit der Situation und völlige Hilflosigkeit. Herr B. ist in der Situation wie gelähmt, aber zum Glück mit einem großen und guten Freundeskreis gesegnet.
Seine Wohnkosten sind aus Zeiten mit Familie und gutem Einkommen nun völlig unangemessen. Die Folgen sind: Mietschulden, Energieschulden, Kündigung, Räumungsklage. Mit Hilfe einer Diakonie-Mitarbeiterin konnte die Grundsicherung beantragt, Betreuung angeregt, die Wohnungssuche begonnen, eine Umzugshilfe besorgt und Nachsorge zugesagt werden.
Was würden Frau M. und Herr B. ohne Hilfe tun?